Dresden, den 19.3.1945

"Meine liebe Muschi

Für 4 Briefe habe ich euch zu danken.  2 von
Hattel vom 24.2., 3.3. und einen von dir vom 8.3.  Die
kamen am Sonnabend den 17.3. zusammen an.
Dein Brief vom 10.3. kam früh am 19.3.  Ach meine liebe Muschi
Was soll ich euch darauf schreiben, es ist ja alles überholt
bis auf deinen Brief heute morgen, der mich sehr traurig
macht. Wie leid ihr mir tut, kann ich nicht sagen, aber
bei jedem Brief hatte ich Angst, dass etwas von Hattels
Versetzung drin stand. Wenn doch nur endlich dieser furchtbare
Krieg ein Ende nahm. Mein einziger Trost ist, du bei
guten Leuten bist und du im Lazarett deine Arbeit hast.
Meine liebe Muschi, mit deinen Sommersachen kann
ich vorläufig nichts machen. Gestern bin ich 4 Stunden
hin und zurück gelaufen, um den Koffer zu holen, um
wenigstens die Sachen bereit zu haben, wenn wieder ein-
mal ein Soldat kommen sollte, aber ich traf Mu und Pa
nicht an. Ich habe es aber Frau Matz gesagt. Schicken kann
ich dir nichts. Ich wollte Walter ein paar Bücher schicken
über der Kommandantur, die er sehr nötig zu seinem
Kursus braucht, aber mit so etwas befassen sie sich jetzt
nicht. Ich glaube liebe Muschi, ihr macht Euch noch keinen
richtigen Begriff von dem jetzigem Dresden. Die tollsten
Gerüchte reichen nicht ran. Ich bin gestern nur durch

Trümmer gelaufen. Ich bin an der Ausstellung vorbei,
Sünzstr., Sachsenplatz und zurück der Straßenbahnlinie
9 lang gegangen, nur Trümmer. Es steht auch nicht
ein Haus mehr. Am Großen Garten siehst du nur
Stümpfe. Im Großen Garten soll sich furchtbares abgespielt
haben. Die Menschen sind aus den brennenden Häusern
dorthin geflüchtet, und die Bande haben Bomben
noch und noch reingeworfen, dort haben Tausende den
Tod gefunden. Das Selbe hat sich am Elbufer abgespielt.
Es ist einfach nicht zu beschreiben, das hier ist einmalig.
Wir zittern jeden Tag und jede Nacht. Eben haben wir
einen fruchtbaren Alarm hinter uns. Unser Häus-
chen klapperte von den Bomben die irgendwo fielen.
Wir schlafen immer noch in den Kleidern. Ich noch bei
Frau Ganwitz.  In meinem Wohnzimmer wohnt ein
Dachdecker, der aus Zittau gekommen ist. Jeder in der
Siedlung musste einen nehmen. Heute morgen kommen
sie, und Frau Ganwitz und meiner sind schon bei
unsern Dächern. Es bring uns keine Freude,
denn wer weiß wie lange. Ebenso geht es mir mit dem
Garten. Ach, Muschi, wann kann man wieder aufatmen?
So leid es mir tut, ich kann dir mit den Kleidern nicht
helfen Die auf der Kommandantur würden sicher
sagen, du musst froh sein ,das du noch etwas hast,
tausende Menschen haben nichts. Du weißt ich würde dir helfen.
Inzwischen wirst du den Brief bekommen haben, dass
Walter und Lilo einen Jürgen Peter haben. Lilo hat es
sehr schwer gehabt. 2T age hatte sie Wehen, erst nach einer Spritze kam der Bub. 6 Pfund wiegt er.

Grete Zimmat hat eine Marlis Annegret. Von Walter bekam ich heute einen Brief vom 15.2.

Dir meine liebe Muschi wünsch ich Glück, auch für Hattel. Viel liebe Grüße und Küsse

Deine Mutsch"