"Meine liebe Muschi
Heute bekam ich deine Briefe vom 12.2 und
23.2. Ich bin so froh, endlich mal ein paar Zeilen von
dir zu bekommen. Inzwischen werdet ihr wohl von mir
Nachricht haben. Es tut mir so leid, dass ich euch die
Sachen nicht schicken kann. Glaube mit liebe Muschi, ich
würde euch die Sachen bringen, wenn es ginge. Eure
ganze Wäsche, Kleider, Anzüge von euch habe ich unten
im Keller in den beiden Bordkisten von Hattel und
deinem großen Koffer untergebracht. Fein wäre es
wenn mal von euch ein Postwagen in unseren Kreis
käme, und könnte alles mitnehmen und zu Tante
Hanne bringen. Ich glaube, das es dort am sichersten
ist. Ich würde dann auch deine Betten noch mitgeben.
Es macht mir soviel Sorgen, Eure schönen Sachen, wenn
meins verloren geht, ist nicht schlimm, ich bin ja alt, wer
weiß ob ich den Krieg überhaupt überlebe. Hier ist es jetzt
fruchtbar. Am Freitag hatte wir wieder einen Angriff und
Sonnabend und heute saßen wir je 1 ½ Stunden im Keller
Ununterbrochen Rauschten die Bomber über uns weg.
Und von fern hörten wir es rummsen. Seitdem mein
Schlafzimmer gebrannt hat, bekomme ich furchtbares
Herzklopfen sobald die Sirene geht. Ich kann dann kaum

atmen. Wenn ich wüsste wie ich zu Tante Hanne käme,
würde ich hinfahren, dass heißt wenn eure Wäsche usw.
geborgen wäre. Ich habe einen Schein bekommen, dass
ich Bombenbeschädigt bin. Was nützt das alles.
In meinem Häuschen bin ich nicht viel. Es riecht alles
So nach Rauch und verbrannt, trotzdem ich täglich lüfte.
Ich schlafe zur Zeit noch bei Ganmitz in der Waschküche.
Keiner in der Siedlung benutzt die oberen Stuben oder
zieht sich uns. Wir hatten glücklich 3 Tage Licht, nun ist
es wieder weg. Man ist den ganzen Tag unruhig, weil
kein Radio geht, und wir so keine Luftlage haben. Nachts
gehen wir Wache. Wie lange soll das noch dauern? Die
Amerikaner sind bei Düsseldorf, der Russe vor Berlin
und was dazwischen liegt, wird jeden Tag von den Fliegern
beharkt. Wann kommt die Wendung auf die wir warten?
Es gehört schon viel Mut dazu, jetzt nicht zu zweifeln.
Ich kann nicht verstehen, dass wir uns so gar nicht gegen
den Terror wehren können. Hier können sie machen
was sie wollen, denn es ist keine Abwehr. Ich bin nur
froh, dass ihr dort etwas sicherer seid. Leid tut mir auch
Lilo, jetzt muss sie den kleinen Sohn mit in den
Keller nehmen. Von Walter hörte ich auch lange nichts.
Von Herzen wünsche ich euch alles, alles Gute und
sende euch viele liebe herzliche Grüße und Küsse.
Eure Mutsch."
